Von der schwarzen auf die dunkelschwarze „Dolomiten“-Liste

17. November 2009 at 09:04 10 Kommentare

Über die Auswahl der „passenden“ und „unpassenden“ LeserbriefschreiberInnen versucht die Dolomiten-Redaktion, die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen

Ein Gastbeitrag von Markus Lobis

Markus Lobis

Am 28. Jänner 2009 habe ich folgenden Leserbrief an das Tagblatt der Südtiroler, die liebe alte Zeitungstante „Dolomiten“ geschickt:

Am Mittwoch, 28. Jänner 2009, am Tag nach dem Shoah-Gedenktag, konnten wir auf Seite 9 des Tagblattes „Dolomiten“ unter der Rubrik „In diesen Tagen vor 50 Jahren“ lesen, dass Domprobst Pompanin am 23. Jänner 1959 70 Jahre alt geworden war.

Mit keinem Wort wird im Text erwähnt, dass Pompanin ein recht engagierter Freund des Nationalsozialismus war und dass er in dieser Hinsicht großen Einfluss auf den als zaudernd und unentschlossen beschriebenen Fürstbischof Geisler ausgeübt hat.

Wie lange werden wir Südtiroler noch mit der Lebenslüge unserer Verstrickung in das nationalsozialistische Regime leben müssen? Wir belügen und betrügen uns, wenn wir uns immer und überall nur als Opfer sehen!

In den darauffolgenden Tagen las ich die „Prawdomiten“ immer brav und konnte und konnte meinen Leserbrief nicht finden. Eine erste E-Mailanfrage an Frau B. T. von der Dolomiten-Redaktion blieb unbeantwortet.

Dann kam das überraschende outing der geschätzten Frau Mama des weniger geschätzten Herrn Chefredakteurs Toni Ebner und ich fühlte mich irgendwie motiviert, noch einen Leserbrief an die Südtiroler Macht- und Medienzentrale namens „Dolomiten“ zu schicken. Und zwar mit diesem Wortlaut:

Kehren und lüften!

Es ist Frau Martha Flies Ebner hoch anzurechnen, dass sie in einem Gastkommentar in dieser Zeitung klar und unmissverständlich die Täterrolle von SüdtirolerInnen in der Nazizeit angesprochen hat. Dafür bin ich Ihr dankbar, auch wenn ich mir die Frage stelle, warum Frau Ebner ihren Einfluss erst so spät in die Waagschale wirft. Aber: besser spät als nie. Der gesellschaftspolitische Stillstand und die Orientierungslosigkeit, die wir in Südtirol zur Zeit verspüren, rührt auch von einem verlogenen Umgang mit der eigenen Geschichte her. Gerade die, die immer so auf Postulaten herumreiten, die sie aus der Geschichte begründen, sollten sich auch der Zeitgeschichte stellen.

Bevor wieder diese unsägliche Marschierei losgeht, die sich ohne Aufarbeitung des Nationalsozialismus in eine erschreckende Kontinuität einreiht, sollte im eigenen Haus ordentlich gekehrt und gelüftet werden!

Die geistlichen Herrn und die Ebnerischen…
Na ja, dachte ich mir, bei den Ebnerischen werden die geistlichen Herren hoch in Ehren gehalten, hat man ihnen doch in gewisser Weise eine schöne Lebensgrundlage zu verdanken, nachdem Toni Ebner senior und dann auch die Buben, der Michl und der Toni, unter tatkräftiger Mithilfe der Gamper-Anteile-Erbin Martha Flies Ebner und nicht immer juristisch sauber so schön langsam die Athesia aus den Händen des Klerus geschält hatten, um sich das prächtig gedeihende Klerus-Baby „Athesia“ selber unter den Nagel zu reißen.

So erklärte ich mir, dass es mir nicht vergönnt war, den alten Herrn Generalvikar und Domprobst Pompanin als das zu bezeichnen, was er war – ein alter Nazi!

Aber wenn die Mamma…
Der zweite Leserbrief erschien auch nicht, obwohl ich der lieben Mamma Ebner doch sehr großzügig nachgesehen hatte, dass sie erst auf die alten Tage draufkommt, dass die SüdtirolerInnen nicht alles nur Nazi-Opfer waren, sondern auch überdurchschnittlich viele TäterInnen in ihren Reihen hatten.

Ein zweites Email an Frau B. T. von der „Dolomiten“-Redaktion (das ist dort, wo die alten Werte und Tugenden hoch gehalten werden…) blieb auch unbeantwortet, bis ich die Dame schließlich anrief. Sie teilte mir kurz und staubtrocken mit, dass die Leserbriefe nicht erscheinen würden und sie nicht wisse, warum. Vielleicht, teilte mir Frau T. in einem Anflug von Servicebereitschaft mit, seien sie „inhaltlich nicht in Ordnung“.

Auf die Frage, wer über die Adelung des Abdrucks entscheide, antwortete sie mir – schon wieder schwer dienstlich – dass dies „mehrere“ seien und sie mir nicht zu sagen brauche, wer diese seien.

Persona non grata bei den „Prawdomiten“?
Ich kann jetzt meine Koffer und Kisten packen, seit ich bei den Ebnerschen „Prawdomiten“ von der schwarzen auf die dunkelschwarze Liste gekommen bin. Das ist hier in diesen „Dolomiten-“ und SVP-verseuchten Tälern und Gauen so was ähnliches wie die berühmte „morte civile“, die Aberkennung der Bürgerrechte.

Als letzter Akt bürgerlichen Aufbäumens blieb mir nur noch, die berühmten letzten Worte an den Herrn Hauptschriftleiter zu richten, die diesen Eintrag abschließen:

Sehr geehrter Herr Dr. Ebner, lieber Toni,

ich habe mich heute mit Frau T. unterhalten, weil zwei von meinen Leserbriefen in den letzten Wochen nicht berücksichtigt wurden. Einer vom 29. Januar und einer von letzter Woche.

Frau T. konnte mir keine Gründe dafür nennen.

Darf ich erfahren, warum die Leserbriefe nicht berücksichtigt werden?

Ich weiß, dass Du mir nicht antworten musst. Wenn Du’s trotzdem tust, werde ich dies sehr schätzen.

Mit herzlichen Grüßen
Markus

Er hat mir natürlich nicht geantwortet. Der Kleingeist hat gesiegt.

Auf mich wartet das Exil…

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10 Kommentare Add your own

  • 1. tituslivius  |  17. November 2009 um 12:03

    wie krankhaft muß man sich eigentlich fühlen, wenn man wegen eines pompanin-attributes fast ein ganzes jahr danach noch so viel aufhebens machen muß? bei allem respekt, herr lobis, glaube ich kaum, daß sie wichtig genug sind, um totgeschwiegen zu werden (abgesehen davon, daß das bei ihrer stimmgewaltigkeit ja auch gar nicht möglich ist)… ich frag mich nur, ob durch so viel erbsenzählerei ein kritischer blog nicht zum selbstherrlichen geraunze wird

    Antworten
    • 2. markus lobis  |  17. November 2009 um 13:13

      Lieber Titus, es bleibt Dir natürlich unbelassen, eine engagierte Nazi-Agitation als kleines Attribut abzutun. Das musst Du mit Dir selber ausmachen.

      Was ich aber hier aufzeigen wollte, ist die schamlose Geschichtsklitterung, die das Tagblatt der Südtiroler betreibt. Von Pompanin bleibt nicht anderes übrig, als eine makellose Priesterkarriere.

      Dass die Veröffentlichung des Pompanin-Gedenkens ausgerechnet am Tag nach dem Gedenken an die Shoah erfolgt, ist wohl Zufall, gibt dem Vorfall aber eine noch unsympathischere Note.

      Wenn man berücksichtigt, mit welcher Inbrunst, Schreib- und Schimpfwut Rampold die Wehrmacht verteidigt hat und dass der schlimme Nazi-Agitator und SS-Panzerführer Karl Nicolussi-Leck – der dann bis in die 50er-Jahre ein schwunghaftes Geschäft als „Reisebüroagent“ für schwer belastete Nazis betrieb, die er mit Hilfe eines Teils der Kirche durch Südtirol schleuste – in den „Dolomiten“ zeitlebens und nach seinem Tode freundschaftlich behandelt wurde, fügt sich das ganze zu einem wenig beruhigenden Gesamtbild zusammen.

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  • 3. Santiago  |  17. November 2009 um 12:46

    Also auf gut deutsch:
    Der Verein für christliche Erziehung darf ungeniert seine Katholiban-Propaganda präsentieren, Alles was gegen den Strom schwimmt, ist unerwünscht… (lästige Fliegen!)
    Dabei wäre Meinungsvielfalt das Gebot einer seriösen Zeitung, oder?
    Zum Glück habe ich das Käseblatt nie abonniert!

    Antworten
  • 4. tituslivius  |  17. November 2009 um 14:47

    seids ihr sicher, daß der mainstrom nicht ihr selber seids…? wenn ihr so selbstgefällig dahindogmatisiert.. und von einem pompanin-attribut auf eine linie zu schließen und von dieser angenommenen linie darauf zu kommen, daß gerade die dolomiten-redaktion nazifreundlich wäre, braucht schon eine gehörige portion phantasie. oder politische verbohrtheit.. wenn mich nicht alles täuscht, sind in der fraglichen zeit mehr als ein redakteur systemgegner gewesen…

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  • 5. HansKarlPetraLuisundFranz  |  17. November 2009 um 15:24

    Man sollte den Zorn von ungehörten Leserbriefschreibern nie unterschätzen!
    🙂 🙂 🙂

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  • 6. jober  |  17. November 2009 um 15:30

    Hallo Markus,
    immerhin hast Du aber anscheinend das „Privileg“, Herrn Toni Ebner jun. zu duzen 😉 …
    Ist es wohl zuviel der Neugierde meinerseits, den Ursprung dieser persönlichen Bekanntschaft erfahren zu wollen?
    Natürlich gilt auch hier: Ich weiß, dass Du mir nicht antworten musst …
    In diesem Sinne, Tschüss[dolo]!

    Antworten
  • 7. markus lobis  |  17. November 2009 um 20:47

    Natürlich antworte ich Dir. Das mit dem Toni-Duzen kommt von früher her, von alten JG-Zeiten und so. Und in Tirol isch man eh mit ålle påll per Du…

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  • 8. Vorname Nachname  |  17. November 2009 um 22:42

    moritz w., als athesia-schreiberling und braver angstellter von tonile und michile verteidigst du deine arbeitgeber, klar.

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  • 9. Ossi Kofler  |  18. November 2009 um 17:09

    Lieber Lobis! Wie wär´s wenn auch du deine Briefe nicht mehr an die Dolo schicken würdest? Die bilden sich sonst noch was drauf ein. Ein von mir geschätzter Lehrer hat mir einmal gesagt, ab einem gewissen Niveau schreibt man Leserbriefe nicht mehr in dem Blatt

    Antworten
  • 10. feinstaubmeran  |  21. November 2009 um 20:09

    Könnte man die eine E-Mailadresse von Markus Lobis erfahren?
    Ich bin neu hier und hätte ein paar Fragen an Hern Lobis.

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